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Sanremo nach Barcelona Graveltour Tag 7 bis 9

Tag 7 - Vive la France

 

 

 

 

 

 

 

Entgegen meiner Erwartung haben wir beide sehr gut auf dem Boot geschlafen. Wir waren echt skeptisch und hatten uns schon „Spei-Szenarien“ in jeglicher Art ausgemalt. Ich besorge uns Frühstück und Kaffee und inspiziere dabei noch etwas Martiques. Ein wirklich sehr schönes Städtchen. Heute ist „Cheat-Day“. Wir gönnen uns einen entspannten Tag. Wir wollen ca. 30 Kilometer strampeln und dann ab Miramas den Zug nehmen. Grund dafür ist, dass vor uns ca. 120 km öder, trister Lagunenlandschaft liegen. Und gegen einen entspannten Tag haben wir beide nix. Also zusammenpacken und los. Wir erreichen einen wunderschönen Strand bei Massane und stoppen dort für ein Kaltgetränk. Danach wird es recht unspektakulär. Typische französische Einöde eben. Da möchte man nicht als Bild an der Wand hängen, sprich keine Verwandten haben. Kurzer Snack am Konsum in praller Hitze und dann auch gleich weiter. Wir kommen wieder gut voran und erreichen zügig die wahrscheinlich hässlichste Stadt auf unserer Reise. Miramas hat bestimmt mehr Gleise als Einwohner, denken wir uns. Doch davon abgesehen essen wir sehr gut und bekommen obendrein noch unsere Wasserflasche von der netten Bedienung aufgefüllt.

 

 

Danach kaufen wir unsere Tickets und überbrücken die zwei Stunden bis zur Abfahrt mit ein bis zwei Kaltgetränken. 16.50 Uhr ist dann endlich Abfahrt. Zweieinhalb Stunden später, vorbei an Arles, Nimes und durch Montepellier, erreichen wir Sete. Eine größere Küstenstadt mit vielen Kneipen und noch mehr Leuten. Wir lassen die Stadt hinter uns und radeln weiter auf gut ausgebauten Radwegen entlang der Küste. Nach 15 km und einem Zeltplatz, auf dem wir abgewiesen werden, strampeln wir weitere 4 km zum nächsten Campingplatz. Dort angekommen erwartet uns ein kleiner, familiärer Zeltplatz. Es ist schon spät. Wir werden gefragt, ob wir uns ruhig verhalten, was wir mit ja beantworten können. Und so erhalten wir für unschlagbare 12 Euro (zusammen) einen Schlafplatz zugewiesen. Die Zelte stehen, wir haben geduscht und eher mäßig bzw. zweckmäßig gegessen. Also ab an den Strand. Und so klingt ein weiterer Abend gemütlich mit einer Flasche Wein, Meeresrauschen und Feuerwerken in der Ferne aus. Heute ist nämlich französischer Nationalfeiertag. Vive la France!

 


Tag 8 - ...it is necessary to speak a bit french

 

 

 

 

5.45 Uhr erwache ich in meiner Dackelgarage. Ich will zum Strand und den Sonnenaufgang fotografieren. Ich liebe es, morgens am Meer zu sein. Wo meist nur ein paar Fischer und Möwen unterwegs sind. So auch hier. Über einen Holzweg geht es zum Strand. Hinter der Düne bietet sich mir genau die vorher beschriebene Szenerie. Mario kommt ebenfalls hinterher geschlendert. Mehr Worte als das nuschelige, verschlafene „morgn“ fallen nicht. Ist auch gut so. Die Szene braucht keine Worte. Und während sich die Sonne langsam empor hebt und alles in warmes Licht taucht, beobachte und fotografiere ich einen Fischer bei seiner Arbeit. Was der sich wohl bei unserem Anblick denkt? Wahrscheinlich gar nichts. Er ist in seine Arbeit vertieft und irgendwie beneide ich ihn um seine Ruhe und Gelassenheit. Zwei, drei Angler mehr kreuzen meinen Weg und ein paar Boote verlassen den kleinen angrenzenden Hafen. Ich setzte mich und genieße das Ganze eine Weile regungslos. Einfach nur schön.

Zurück am Zelt dösen wir noch zwei Stunden, bevor wir die üblichen Tätigkeiten wie waschen und packen beginnen. Einen Kaffee später sitzen wir im Sattel und sind nach dem entspannten Tag gestern heute voller Tatendrang. Wiederum befahren wir gut ausgebaute Radwege und machen schnell Meter um Meter. Wir passieren Agde, ein typisches Touristenmolloch, voller Hotels, Campingplätze und Freizeitparks. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass die Franzosen Freizeitparkfetischisten sind. Viele davon sehen allerdings auch aus, als wären sie Corona zum Opfer gefallen. Gespenstische Szenen. Egal, wir radeln weiter landeinwärts und pausieren in einer Kleinstadt namens Serignan. Es gibt die ersten Taccos, was uns sagt, dass wir Spanien näher kommen. Wieder auf dem Rad geht es durch ländliches Frankreich entlang an Kanälen, vorbei an Bauernhöfen und Weinplantagen. Von Weitem können wir Löschflugzeuge beim Löschen eines Brandes beobachten und nachdem wir einen ausgetrockneten See überquert haben, sind wir wieder am Meer. Die Hitze und der Gegenwind sind heute echt nicht von schlechten Eltern und machen Mario ganz schön zu schaffen. Aber auch ich bin froh über die Pause am Meer und dankbar für das ein oder andere Getränk. Nach kurzem Auftanken fahren wir weiter auf La Franqui zu. Zu unserer Linken werden die Strände immer breiter. Gepaart mit dem straffen, immer noch anhaltenden Wind ist hier das perfekte Kite-Paradies und natürlich sind die bunten Schirme überall zu sehen. Einmal biegen wir noch ab und folgen einem Kanal, bevor wir uns für heute einen Schlafplatz suchen wollen.

Entlang des Kanals lernen wir Markus aus Karlsruhe kennen, welcher seinen Job ad acta gelegt hat, um mit dem Rad nach Afrika zu fahren. Wir fahren gemeinsam 5 km, quatschen übers Radfahren, Bikepacking und die Welt. Im nächsten Ort trennen wir uns wieder, jedoch nicht ohne vorher Nummern auszutauschen. Wir wollen einen der beiden Campingplätze außerhalb des Dorfs ansteuern. Doch auf beiden schickt man uns weg mit der Begründung: „Wir haben keine Plätze für Zelte!“. Mit Sonnenbrand und 85 km bis hierhin in den Knochen, sind wir leicht angepisst. Wir fahren nach La Franqui. Mario versucht auf einem 5 km weiter entfernten Zeltplatz telefonisch einen Platz für die Nacht zu bekommen. Diese haben noch Platz, jedoch bringt die Frau am anderen Ende des Telefons Mario mit den Worten „...it is necessary to speak a little bit french“ zum platzen. Mit einem freundlichen und sehr bestimmenden „FUCK YOU!“ schwindet sie dahin, die Chance auf ein Nachtquartier auf einem regulären Campingplatz. Na dann eben wild campen. Hatten wir eh mal vor. Wir kaufen das Nötigste ein und gehen etwas essen. Nach einem sehr guten Essen suchen wir uns ein Nachtquartier außerhalb des Ortes. Wir werden auch sehr schnell fündig. Und nicht nur das. Der Platz ist nahezu perfekt. Und so stehen unsere Zelte kurze Zeit später leicht erhöht auf einer Klippe, geschützt von Bäumen und mit Blick auf Meer und Stadt. Perfekt. Und zur Feier des Tages gibt es nach diesen anstrengenden 90 Kilometern in Hitze und Gegenwind zwei Flaschen Wein. Life can be so easy...without speaking french too. ;)


 

Tag 9 - Im Land der Freizeitparkfetischisten

 

 

 

Wir erwache in unserem Wildcamp nach einer Nacht mit mäßig Schlaf. Grund dafür waren die Baumkronen über uns, welche durch den starken Wind laut ächzten und drohten, abzubrechen und auf uns zu stürzen. Aber wir leben, sehen halt bissl kacke aus. Dafür ist die Aussicht umso besser. Kurz darauf ist dann auch alles wieder zusammengepackt und wir verlassen unser Quartier. Mario will zum Strand ein Morgenbad nehmen und ich begebe mich auf die Suche nach Kaffee. Wir treffen uns kurz später in dem Café, in dem ich sitze. Dort haben wir auch Gelegenheit, unsere Telefone aufzuladen. Mit Kaffee und Croissant versorgt starten wir unsere heutige Tour ins 72 km entfernte Le Boulou. Nach kurzem Aufstieg radeln wir wieder runter an die Küste und folgen dieser. Breite Strände soweit man sieht. Und es gibt gefühlt in jedem kleinen Ort mindestens einen Freizeitpark. Was ist mit den Franzosen nicht richtig? Na, wenn´s gefällt. So geht das weiter bis Saint-Cyprien Plage. Das Gute ist, dass es sich schön radeln lässt und wir gut Meter machen. In der Stadt angekommen machen wir eine Pause. Schon in den letzten Tagen haben wir gelernt, dass es nach ein Uhr am Nachmittag dann wirklich sehr heiß wird. Wir sind bei den französischen „Flodders“ gelandet ;) Doch das Essen schmeckt und sie sind nett. Also einmal mehr...leben und leben lassen!!

 

Frisch gestärkt und mit Kaltgetränk versorgt machen wir uns auf den Weg ins Landesinnere Richtung Tagesziel. Auch hier gut ausgebaute Radwege. Das muss man dem Franzmann lassen, die Radwege sind größtenteils sehr gut ausgebaut, aber dafür schlecht ausgeschildert. Ohne Komoot wird es schwierig. Landschaftlich wird es wieder bergiger. Am Horizont türmen sich die Ausläufer der Pyrenäen auf, die Frankreich und Spanien trennen. Vorbei an Weinplantagen und Bauernhöfen geht es durchs ländliche Frankreich. Le Boulou erreichen wir recht zeitig und so gönnen wir uns noch ein Getränk oder zwei, bevor wir in unser gebuchtes Hotel einchecken. Ein niedliches kleines Städtchen, dieses Le Boulou. Jedoch werden wir heute beide nicht mehr viel davon sehen. Wir sind aufgrund des leichten Schlafs der Vornacht ziemlich platt. Ich gehe noch einkaufen, esse auf dem Zimmer und penne danach ein. Mario schafft es wenigstens, nochmal zum Essen rauszugehen. Allerdings lernt er beim ersten Restaurant mal wieder die französische Freundlichkeit kennen. Als die Bedienungen merken, dass er nur Englisch spricht, wird er einfach nicht mehr bedient. Ich hätte schwören können, sogar im 500 m entfernten Hotel ein leises „Fuck you!“ vernommen zu haben ;) Beim zweiten Restaurant ist aber dann alles bestens. Zurück im Hotel ist aber auch Marios Tag zu Ende.

 

 

 

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